#Hörbuch, #Interview, #RoninHörverlag
Als absoluter Hörbuch Fan und die Tatsache, dass ich auch noch mega neugierig bin, habe ich die Chance Genutzt und das Angebot angenommen, die liebe Selina vom Ronin Hörverlag mal etwas mit ein paar Fragen zu löchern.
Anbei das Interview zwischen mir und Selina.
Hier gibt es Hörproben auch die Sprecher kann mal live bei der Arbeit sehen.
Auf der Fb Seite erfährt man sehr viel: Interview mit Autoren, Sprechern, Links zu Hörproben und natürlich auch Gewinnspiele. Natürlich auch alles rund ums Hörbuch und wie mir zu Ohren gekommen ist – es wird noch viel Interessantes geben – Selina meine Interview Partnerin arbeitet gerade fleißig daran.


1. Wie lange arbeitet man an einem Hörbuch?
Der gesamte Produktionsprozess umfasst etwa ein halbes Jahr. Zunächst gilt es, für die Hörbuchlizenz beim Printverlag (oder dem Agenten/ Autor) ein Angebot abzugeben. Wenn die Summe ok ist, wird die Lizenz erworben und der entsprechende Vertrag abgeschlossen. Anschließend folgen etwa 4-5 Wochen im Studio: Aufnahmen, Schnitt, Testhören, Korrekturen, zweites Testhören, Mastering und Auslieferung.
Die Downloadportale, Streamingdienste und Buchgroßhändler brauchen dann nochmal etwa 6 Wochen, bis der Titel in allen Shops verfügbar ist.
Was hierbei noch nicht berücksichtigt wurde: Die Erstellung der Grafikdateien und das Marketing. Um ein Hörbuch gut auf den Markt zu bringen braucht es ein gutes Cover, die CD-Druckdaten (Booklet, Inlay, CD-Label), Werbematerial wie Social Media Header und Beitragsbilder, Marketingtexte, der Kontakt zu Bloggern und Rezensenten, Ankündigungen, Gewinnspiele und Hörproben oder Video-Trailer.
2. Welche Voraussetzung – Ausbildung muss ein Sprecher mitbringen?
Ein guter Sprecher…
… hat eine markante, angenehme Stimme und eine deutliche Aussprache
… ist in der Lage, ein Werk von 500 Seiten nicht vorzulesen, sondern zu erzählen
… gibt den unterschiedlichen Charakteren eindeutige Färbungen, ohne dass es nervt aber so, dass man sie unterscheiden kann
… kann einen Spannungsbogen über das gesamte Werk ziehen
… kommt bei den Aufnahmen in einen Flow, so dass nicht ständig unterbrochen werden muss
… hat eine professionelle Arbeitseinstellung und eine belastbare Stimme
3. Wie achtet ein Sprecher auf seine Stimme?
Die Stimme ist das Kapital des Sprechers.
In der Regel hat jeder Sprecher seine ganz eigenen Techniken, um sich aufzuwärmen, die Stimme fit zu halten und Ermüdungen (kratzen, reiben, trockener Mund) schnell zu bemerken. Dann machen wir Pause und der Sprecher pflegt und regeneriert seine Stimmbänder.
Ein heiserer Sprecher kann seiner Arbeit nicht nachkommen. Wenn die Stimme nicht mehr mitspielt oder der Sprecher schon vor Beginn der Aufnahmen heiser ist, verschiebt man die Aufnahmen.
Während der Arbeit macht das jeder Sprecher anders mit der Stimmpflege. Manche trinken ganz viel Wasser, andere lutschen Bonbons, meiden Milch oder schwören auf Saures wie einen grünen Apfel. Vor Beginn aber machen eigentlich alle ein paar Übungen zur Atemstütze, brummen, singen, lassen die Lippen vibrieren oder trainieren Verschlusslaute und Artikulation.
4. Entscheidet ihr, was ihr für Geschichten nehmt? Oder geht es nach Anfrage?
Für unser eigenes Verlagsprogramm entscheiden wir rein subjektiv, nach unserem persönlichen Geschmack. Ein zweiter Faktor sind prognostizierte Verkaufserwartungen, die sich aus den Buchumsätzen oder den Erlösen der fremdsprachigen Originalausgabe bzw der Autor-Sprecher-Kombi ablesen lassen, sofern diese bereits erprobt ist. Es muss uns also auf jeden Fall gefallen und wir müssen aber auch einen Markt dafür sehen.
5. Wie kommt der Kontakt zwischen dem Autor und Eurem Verlag zu Stande?
In der Regel lizensieren wir unsere Titel nicht beim Autoren, sondern dessen Printverlag, da der meist die Hörbuchrechte besitzt. Eine Ausnahme sind natürlich Selfpublisher, die wir dann meist bei Messen o.ä. kennenlernen oder die uns direkt kontaktieren.
6. Müssen Autoren in Vorleistung treten und was kostet sie so ein Hörbuch in etwa?
Wenn wir einen Stoff für den Ronin-Hörverlag umsetzen, dann muss der Autor nicht in Vorleistung treten. Da übernehmen wir die kompletten Kosten.
Wenn man uns allerdings als Dienstleister beauftragt, kostet das inkl. Sprecher mindestens 600 Euro pro CD (78 min). Bei einem Hörbuch von ca. 10 Stunden sind das ca. 4000-6000 Euro. Natürlich abhängig davon, welchen Sprecher man bucht etc.
7. Wie viele Leute habt ihr im Team und wie viele arbeiten an einer Geschichte?
Wir haben im Büro 6-7 Mitarbeiter und jeder arbeitet parallel an einem anderen Teil des Hörbuches z.B. Schnitt, Grafik, Marketing, Verwaltung etc.
8. Wie viele Sprecher habt ihr?
Unser Pool besteht aus etwa 10 Sprechern. Ab und an kommen neue dazu, aber die Hürden sind schon recht hoch.
9. Arbeiten diese an einem Projekt oder auch parallel zu mehreren ( wobei ich mir das sehr schwer vorstellen kann )?
Ein Sprecher arbeitet immer nur an einem Projekt. Der Sprecher kommt für eine Woche zu uns ins Studio und geht wieder, wenn die Aufnahmen beendet sind. Dann beginnt für uns die Post-Production.
Wir haben allerdings auch Partnerstudios (z.B. Sound of Snow in Berlin), wo manchmal parallel mit einem anderen Sprecher aufgenommen wird.
10. Entscheiden die Sprecher anhand der Geschichte ob es ihre ist, also ob sie ihnen liegt, sie einzulesen?
Die Besetzungsfrage entscheiden prinzipiell wir. Beim Sprecher (oder seinem Agenten) wird mit einem Kurz-Exposé angefragt, ob dieser Interesse hat. Wenn ja, senden wir das Skript und machen einen Aufnahmetermin aus.
Natürlich kann der Sprecher eine Story ablehnen, aber das ist bei uns noch nicht passiert.
11. Wie viele Kapitel schafft ein Sprecher am Stück einzusprechen?
Kapitel sind eine schwierige Maßeinheit wegen ihrer unterschiedlichen Länge. Hilfreicher sind hier Normseiten mit 1500 Zeichen. Ein Profisprecher schafft so 100-120 Normseiten pro Tag.
12. Wie lange ist die Vorarbeit bis es zum tatsächlichen Einlesen kommt? Und was geschieht da?
Das ist von Sprecher zu Sprecher unterschiedlich. Mache kommen mit einem kunterbunt markierten Skript voller Zeichen und Anmerkungen. Jeder Satz hat eine andere Farbe, so dass genau kenntlich ist, wann welche Stimme benutzt wird. Andere lesen annähernd prima vista, es stehen also überhaupt keine Anmerkungen drin und sie haben den Text nur einmal grob durchgelesen zuvor, um den ersten Impuls und Überraschungsmomente beim Lesen authentisch rüberzubringen.
Von unserer Seite beschränkt sich die Vorbereitung ebenfalls aufs einmalige Durchlesen, damit man in etwa die Dramaturgie im Kopf hat. Und natürlich die technische Einrichtung.